„Rund die Hälfte des Rohstoffverbrauchs und mehr als ein Drittel des gesamten Abfalls in der EU entfallen auf den Gebäudesektor.“ Direkt zum Auftakt benennt Sören Bartol, der als parlamentarischer Staatssekretär Bauministerin Geywitz vertritt, die harten und ungeschönten Fakten. Gleichzeitig wird günstiger Wohnraum mehr gebraucht denn je. Zement ist nicht nur dafür oft das Mittel der Wahl: „Zement löst viele Probleme – aber er ist alles andere als problemfrei“, schildert Bernhard Daldrup das Dilemma. Vier Prozent der deutschen Treibhausgase entfallen auf die Zementindustrie. Das wolle und müsse man ändern, beteuert der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, und erntet Zustimmung im Saal.
Pioniere und Wegbereiter
Im Publikum sitzen Gäste aus Politik und Praxis: Abgeordnete, Unternehmerinnen, Handwerker, Werksleiterinnen. Sie alle kennen die Problemlage und damit auch die Ungewissheit für ihre Branche, ihren Baustoff, ohne den kaum ein Gebäude auskommt. Einige von ihnen bereiten als Pioniere bereits den Weg für eine klimafreundlichere Zement- und Betonherstellung:
Der Verein Deutscher Zementwerke bietet mit seiner Roadmap zur Dekarbonisierung von Zement die Grundlage. Wichtig zu wissen: Im Herstellungsprozess entfällt ein Drittel der Emissionen auf die Verbrennung. Hier setzen einige Konzerne bereits an und verwenden Biomasse als Brennmaterial. Auch die dabei entstehende Abwärme kann gespeichert und genutzt werden, für Nah- oder Fernwärme, wie es in anderen Industriebereichen bereits der Fall ist.
Erste Vorzeigeprojekte gibt es bereits: Die Firma CEMEX will bis 2030 ein klimaneutrales Zementwerk fertigstellen. Holcim, mit einem Standort in Beckum auch im Kreis Warendorf vertreten, setzt unter anderem auf Regionalität: Kurze Transportwege zwischen Steinbrüchen und Zementwerken sorgen für eine effiziente und ökologische Logistik. In Kombination mit der Weiterverwendung des ausgestoßenen CO2s und dem Betreiben von Kreislaufwirtschaft sei man so in der Lage, 70% gegenüber herkömmlichem Zement einzusparen, berichtet Geschäftsführer Thorsten Hahn. Noch einen Schritt weiter geht der Initiator des mittlerweile weit über Beckums Grenzen hinaus bekannten 3D-Druck-Hauses, Georgios Staikos. Neben der vermehrten Verwendung von Robotik setzt sein Erfindergeist in der Zukunft auf Hanf als klimafreundlichen Bestandteil von Beton.
„Ohne Politik und Gesellschaft geht es nicht“
Ob Kreislaufwirtschaft, Abwärmenutzung, alternative Materialen oder Effizienzsteigerung durch künstliche Intelligenz, eines haben alle geplanten Maßnahmen gemeinsam: „Es ist das erste Mal, dass es in unserer Industrie ein Thema gibt, das wir nicht alleine lösen können, sondern nur Hand in Hand mit Politik und Gesellschaft“, fasst Dr. Martin Schneider zusammen, Hauptgeschäftsführer des Vereins Deutscher Zementwerke.
Bernhard Daldrup zeigt sich abschließend rundum zufrieden mit seiner Veranstaltung: „Uns ging es heute darum, wie wir das Bauen zukunftsfähig gestalten können. Zement und Beton sind dafür weiterhin unverzichtbar. Die vorgestellten Projekte haben uns gezeigt, dass wir der Zukunft schon sehr nah sind. Dennoch wurde uns auch wieder klar gemacht, dass es noch viele Anforderungen an Politik und die Unternehmen gibt“, lenkt er ein: „Wir müssen jetzt schnell die notwendigen Grundvoraussetzungen für die Marktfähigkeit von „grünem“ Zement auf allen Ebenen schaffen. Durch den heutigen Dialog wurden die Weichen dafür gestellt, dass wir den vorgestellten Modellprojekten zeitnah zur Durchsetzung verhelfen können.“

