Serhat Ulusoy, Haluk Köker, Bernhard Daldrup, Samim Kemerli, Durmuş Tüney, Annette Watermann-Krass, Şerafettin Akbaş, Cemil Tutumlu, Hakan Çaylı

Fehlende Pressefreiheit, Özil-Debatte, Putschversuch, Alltagsrassismus – die Themen, welche die sozialdemokratischen Abgeordneten Bernhard Daldrup, MdB und Annette Watermann-Krass, MdL im Gespräch mit deutsch-türkischen Mitbürgern in Ahlen aufgriffen, waren durchaus kontrovers. Doch gerade darin bestand genau das Ansinnen aller Teilnehmer: „Wir sollten nicht übereinander, sondern miteinander reden“, bekräftigte der Bundestagsabgeordnete Daldrup, der den Austausch erneut initiiert hatte, und bekam von den Vertretern der deutsch-türkischen Community Rückendeckung: Man müsse schließlich über alles reden, „wo der Schuh drückt“. Eine Haltung, welche sich alle Gesprächsteilnehmer auch von der deutschen Bundeskanzlerin wünschen, wenn der türkische Staatspräsident Erdogan ihr Ende September einen Besuch abstatte. Bernhard Daldrup sprach auch die nach wie vor bestehende Inhaftierung von Journalisten an, die keinesfalls akzeptiert werden könne.

Aber nicht nur die große Politik, sondern auch viele persönliche Erfahrungen standen im Fokus:

Das eigene Verhalten gegenüber Erdogan charakterisierte ein Teilnehmer beispielsweise als kompliziert. Neben einer politischen Einstellung, habe jeder Bürger eben auch individuelle Interessen: Er wolle problemlos in die Türkei einreisen können, um Verwandte zu besuchen und wolle auch nicht von der eigenen Familie als „Vaterlandsverräter“ gebrandmarkt werden. Bei allen, die in die Türkei reisten, bestehe außerdem Unsicherheit: Man könne leicht unter Verdacht geraten, der Gülen-Bewegung anzugehören, auch wenn dies objektiv nicht stimme.

Andere zeigten positive Seiten an der Politik des türkischen Präsidenten auf: „Ich lebe seit 40 Jahren in Deutschland und durfte kein einziges Mal wählen. Nicht den Bundestag, nicht den Landtag, nicht einmal auf kommunaler Ebene. Aber dann gibt Erdogan mir die Möglichkeit, er gibt mir die Wahl“, verwies ein aus der Türkei stammender Ahlener auf den verbreiteten Wunsch nach politischer Partizipation.

Auch von Alltagsrassismus und vereinfachenden Fragen, die nur der pauschalen Abwertung Türkischstämmiger dienten, war die Rede: „Unterstützt du Erdogan – Ja oder Nein? Stehst du zu Deutschland – Ja oder Nein? Singst du unsere Nationalhymne – Ja oder Nein?“, gaben die deutsch-türkischen Bürger als Beispiele an.

Ideen, wie man die deutsch-türkischen Beziehungen stärken könne, brachte Landtagsabgeordnete Annette Watermann-Krass ein. Sie erinnerte daran „die Instrumente, die wir schon haben, bewusst zu nutzen“ und so etwa Anliegen im Integrationsrat vorzubringen oder deutsch-türkische Städtepartnerschaften zu pflegen. Sie halte es außerdem für eine vielversprechende Idee, Türkisch als zweite oder dritte Fremdsprache in Schulen anzubieten. Bundespolitiker Daldrup verwies jedoch ebenfalls darauf, dass das „belastete Verhältnis zwischen Deutschen und Türken auch von oben“ komme. Die Debatte um Özil beispielsweise hätte seiner Einschätzung nach im politischen Klima des Jahres 2015 nicht in diesem Umfang stattgefunden. Umgekehrt könnten verbesserte politische Beziehungen sich ebenfalls positiv auf das Zusammenleben in Deutschland auswirken.